30. August 2017 °seb 0Comment

Nach unerwartet heißen Tagen in der Sibirienzentrale, stand wieder ein Knaller auf dem Programm. Der Baikalsee. Nach den zum See zugehörigen Zahlen und Fakten leckt sich jeder Freund von So-groß-wie-120-Fussballfeldern und Aneinandergereiht-bis-zum-Mond die Finger. Los gehts:

  • Tiefster (1.642m) und ältester (25Mio Jahre) See der Erde
  • liegt genau auf einer Erdplattengrabenbruchdingskante, die eigentlich 6km tief, aber zu-Geröll-t ist
  • rund 31.500 km² Fläche, 2300km Umfang
  • 670 km lang (Alter!), durchschnittlich rund 50 km Breit
  • 24.000 Kubik-Kilometer Wasser (480 x Bodensee)
  • Einfünftel des weltweit vorhandenen Süßwassers (keine Ahnung was da verglichen wird, aber Alter!!!111)
  • Einzugsgebiet 571.000 km² (1,5 x Deutschland…Alter!!!111elf!elf!!1)
  • Der breiteste Abfluß durch Irkutsk (Angara) müsste 400 Jahre fließen bis der See leer wäre
  • Die Großen Seen von Nordamerika haben das gleiche Volumen, aber siebenfache Fläche

Soviel zur Theorie. Nun zur Praxis. Gebucht haben wir die Tickets von Irkutsk online bei der zuständigen Busfirma zu knapp 9€ pro Richtung und Nase – interessante Übung bei russischen Webseiten, deren Funktion darniederliegt, sobald die Vollübersetzung von Google aktiv ist. Inklusive Optionen wie “1 Gepäckstück in absurden Maßen inklusive” oder “günstigere Fahrt, aber der Fahrer entscheidet über den Preis der Gepäckbeförderung”. Dennoch – am Ende sechs Euro gegenüber dem Hostel gespart und es selbst hinbekommen. Dafür gab es eine an allen Ecken durchgerostete Schaluppe mit einem recht zornig zu Werke gehenden Kapitän und wir hatten die Ehre der einzigen, gegen die Fahrtrichtung gerichteten Sitze – zwei durchgesessene Präsentierteller. Nach ca. 4h Raserei zügiger Fahrt ging über Wasser auf die größte Insel im Baikal – Olchon. Eine Fähre ist grundsätzlich eine schöne Einstimmung auf irgendwas, war sie schon bei Hiddensee. Nicht so schön war dieses Nadelöhr für die auf dem Heimweg befindlichen Besucher eines Inselshamanenfestivals (leider um 2-3 Tage verpasst). Eine Fähre fuhr alle 30min konnte so rund 3 Kleinbusse und 7 Autos mitnehmen, wir fuhren an einer Schlange von ca. 1,5km / vielleicht 250 Autos vorbei. Gudde Laune. Not. Die letzten 50km auf der Insel sollten dann auch noch rechtfertigen, warum wir mit einer vierrädrigen Rostburg unterwegs waren – eine wellblechgewordene Zumutung aus Sand und Stein.

Angekommen im Hauptort Khuzhir ging es in die Unterkunft zu 17€ / Nacht. Auch hier Sandstraßen, Staub, aber kein Grund nicht die russische Mentalität am Steuer beizubehalten. Erster Einkaufsversuch in Babushkas’ Minimarkt nebenan, allerdings sind wir keine russischen Kommunikationshelden, was es den Einkauf in Läden erschwert, bei denen Selbstbedienung meist nur für Getränke gilt und selbst da muss man den Damen über fünf Köpfe hinweg mitteilen, dass sie das ferngesteuerte Schloss zum Kühlschrank betätigt. Der Rest steht hinter der Theke. Außerdem kam zum ersten mal (evtl. im Leben?) das Gefühl auf, dass Dinge begrenzt oder gar Alle sind. Die Regale bei drei verschiedenen Läden waren bei weitem nicht voll, einiges fehlte ganz, im benachbarten Obst&Gemüsegeschäft waren die Preise hoch, aber Qualität und Auswahl verhielten sich reziprok dazu (Wahnsinnsformulierung!!!11). Die Insel war voll mit niedlichen Mülleimern und anderen things-with-faces. Dazu hatten wir in unserer Unterkunft den ersten Donnerbalken, kein fließend Wasser und einen Aufpreis für Dusche zu zahlen, weil das Wasser dafür per Tankwagen aus dem Baikal geholt wird.


Ääähm, Gif mit Datenreichtum

Die Tage auf der Insel wurden mit Wandern durch massive Grillenpopulationen, russischem Essen und Sonnenuntergängen gefüllt. Letztere sind Spektakulär bis sehr gut. Außerdem haben wir eine relativ einsame Badestelle erklettern können und uns zwei, dreimal in den absurd kalten See getraut. Man beachte, dass der See im Winter zufriert, vor Jahrzehnten sogar Eisenbahnen trug (Ok, eine davon liegt jetzt drin) und diese elende Kälte den ganzen Sommer über aus seinen Untiefen hervorholt. Ergo ein Eiswürfel von 24.000 km² mal 1 Meter Dicke. Das führt dann dazu, dass das Trinkwasser z.b. in Irkutsk auch geschätzt 5°C besitzt und die Luft an Keramikklospülungen kondensieren lässt.

Eines Abends auf dem Nachhauseweg spielte ein DschingisKhanGedächtnisDuo mongolisch angehauchte Musik mit Playbackunterstützung(vermutlich Buryatisch, ist so eine Bevölkerungsgruppe in der Gegend). Sehr besonders, dachten wir und setzten uns andächtig mit rein zufällig gerade gekauftem Bier auf die andere Straßenseite. Es war derart besonders – wir sollten es die nächsten 3 Abende wieder und wieder in unseren Betten hören.

Mongolenartiges!

Dann hieß es Bye entspannte Insel, zurück nach Irkutsk. Wir hatten uns noch was vorgenommen, dafür ja bereits zuvor recht heldenhaft die Tickets erworben. Entlang des Baikalufers per lokaler Bummelbahn im Schneckentempo.

 

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