22. April 2018 °seb 0Comment

Jemand hatte Geburtstag und wollte unbedingt so eine Art Relax-Strand-Dings. Das findet man in der Art am ehesten im Süden von Kambodscha, von dem uns gerade noch fünf Kilometer und eine korrupte Grenze trennten. Auf der kambodschanischen Seite lockten Holzbungalows, weniger Menschen und quasi industriefreie, französisch angehauchte Städtchen und so fuhren wir nach einem letzten (Gratis-)Check der Mopeds beim Hersteller mit leicht mulmigen Gefühl zur Grenze. Das Problem: Wir hatten Motorbikes. Die fuhren wir ohne Führerschein, zugelassen auf irgendwelche Vietnamesen und das Ganze konnte jeder Beamter dank unserem europäischen Look auf 500 Meter mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststellen. Wie die reinsten Glücksbärchis sind wir ohne Bestechung durchs Mekongdelta gekommen, aber eine Grenze ist leider ein Ort, wo man per Definition mit der Polizei in Kontakt kommt und dann auch noch von zwei Nationen, die sich wenig schenken im Rennen um den korruptesten Staat der Region.

Ablauf: Zur Grenze fahren – am ersten vietnamesischen Schlagbaum absteigen und schieben – Mopeds vor vietnamesischem Grenzgebäude abstellen – Pässe ausstempeln – Moped bis zum nächsten Grenzposten schieben – Stempel zeigen – Ciao Vietnam – Moped darf nun im Niemandsland bis zum kambodianischem Grenzgebäude gefahren werden – außer Sichtweite abstellen – kambodschanisches Visum-on-Arrival bekommen – kommentarlos die verlangten 35$ bezahlen, statt offizieller 30$, sonst Beamtenwillkür – 9malschlau die Impfausweise dabeihaben und um Zusatzgebühr herumkommen – Mopeds hinter dem Gebäude hervorholen, schnell davon fahren – sich zurückrufen lassen, weil man dem Posten am Ausgang die Pässe nicht gezeigt hat – Ermahnung kassieren – schnell davon fahren

Jawoll – es hat geklappt – ein Kinderspiel!!!!111elf!1

Und dann fuhren wir vorbei an Salzfeldern durch kambodschanische Dörfer bis nach Kep. Etwas fiel sofort auf: Armut, Tempel, Kühe, noch mehr Tempel, staubtrockene Landschaften und noch mehr Armut. Das ganze dekoriert mit Plastikmüll. Ein dezenter Kulturschock, der sich in Kep gleich nochmal weiterentwickelte. Touristen, Touristen, Geschäfte für Touristen und Touristen. Nach 20 Tagen Vietnam – wo selbst im gut besuchten Saigon die Touristen abseits des Backpackerviertels sehr schnell in vietnamesischer Betriebsamkeit untergehen, im Mekongdelta außerhalb des Floating Markets von Can Tho quasi nicht vorhanden sind – war man hier wieder Teil einer befremdlichen Menge von Langnasen. Menüs sind plötzlich in Englisch vorhanden, an jeder Ecke Western Food, die Preise relativ hoch, einheimisches Essen ist seltener zu finden oder schlechter zu identifizieren. Wir waren etwas … reserviert.

Aber die Unterkunft war sympathisch (7,50€/pN), das Meer bietet einen schönen Ausblick, Sonnenuntergänge fantastisch, Kaffee ungewohnt ungesüßt, teils sogar mit echter Milch…von Nestle…aus einer thunfischdosengroßen Blechmilchdose – der ökologische Fußabdruck freut sich. Dazu eigenartige Statuen, Bauruinen an mehrspurigen Prachtstraßen – Kep als 340km² großer Landkreis hat 40.000 Einwohner, die Straßen sind aber gleich für in 100 Jahren geplant. Sim Karte gab es mit 2Gb zu 3€ von metfone. Ein kleiner Nachtmarkt mit einer sehr hilfsbereiten Frau eines TukTuk Fahrers, die uns tatkräftig bei der Bestellung half, versöhnte uns (vorerst) mit Kambodscha. Die Sprach- und Schriftbarriere ist nicht zu verachten, wenn man vermeiden möchte, mit einem dutzend anderen Touristen in einem “italienischem” Restaurant sitzen. Nach zwei Nächten ging es auf leeren Straßen weiter nach Kampot. Wieder ein hübscher Bungalow (8,50€ / pN), wieder ein denkwürdiges Denkmal (Durian-Stinkefrucht-Kreisverkehr), nette Cafés und Restaurants, entspanntes Kleinstadtgefühl mit stilvoller Kolonialarchitektur allenthalben.

Hier ließ es sich aushalten und per Moped durch die angrenzenden Salzfelder oder auf die nahegelegene, bergähnliche Hochebene (Bokor Hill) fahren. Auf dem finden sich mehrere Kuriositäten. Neben den Überresten einer Art Sommerresidenzdorf aus der französischen Kolonialzeit und einem verlassenen Königspalast, plant dort jemand eine gigantische Wohn-Büro-Casino-Naherholungsanlage mitten auf die Hochebene – eigentlich ein Nationalpark. In einem Infozentrum an der Zufahrt steht ein Model davon. Größenwahnsinn trifft es – und offensichtlich kein ausreichend finanzierter, denn es existiert genauso viel wie noch vor 3 Jahren. Das Infozentrum, die Straßen, drei halbe Beispielhäuser, vier Tretboote, ein Casino-Rohbau, der damals aus den Grundpfeilern und jetzt immerhin schon aus den Grundpfeilern mit Wänden bestand. Kann so bleiben. Die rote Honda zeigte erste Zerfallserscheinungen – die Frontleuchte erhellte Bäume statt Straße, zur Abhilfe wurde an der Lampenfront ein bisschen mit dem Lötkolben herum”geschweißt” (4€), außerdem gab es einen Verlust von Bremsflüssigkeit zu beklagen (8€) – nichts Ernstes also.


Grenzwertig

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