19. Dezember 2017 °seb 2Comment

Osaka fing gut an. Die Stadt bildet mit Kyoto sowas wie einen japanischen Ruhrpott mit Reisfeldern, Dörfern und Industrie dazwischen – binnen 60 Minuten und im 10-15 Minutentakt kann man zwischen diesen Städten hin- und herpendeln. Echter Luxus – so einen zackigen, günstigen (10€ / 2P) Stadtwechsel hatten wir im Grunde nicht mehr, seitdem wir von Moskau nach Rostov gefahren sind, oder eher noch Bratislava nach Wien. Zweiter Pluspunkt also für Osaka.

Erster Pluspunkt sind häufigere, günstigere Unterkünfte, bzw. schaffen es diese es zur Abwechslung auf die bekannten Buchungsportale. Es handelte sich wie in Kyoto um eine Anlaufstelle für Handwerker, verarmte japanische Singlemänner oder eben verarmte Backpacker wie uns. Im japanischen Sprachgebrauch nennt man das eher “Ryokan” als Hotel. Diese bestehen aus sehr vielen in Tatamimatten gemessenen Zimmern. 2,5 bis 4,5 Tatamis ist so ungefähr ein Standardmaß, wobei eine Matte mal so mal so aber generell annähernd so groß wie ein Singlebed ist und altersabhängig nach Heu + Alge + Teichschlamm “duftet”. Getreu unserem Motto “Like a Local!!!11elf!” hatten wir natürlich Wert auf die kleinstmögliche Zimmergröße mit größtmöglichem Tatamigeruch gelegt (60€/3N). Dank der engen Bebauung war unser Zimmerfenster im 4. Stock alles andere als sicher vor Zutritt und wir schlossen es wann immer wir außer Haus gingen. Heu + Alge + Teichschlamm haben uns bei jeder Rückkehr freudigst umgehauen, aber dank der Zimmergröße von, ungelogen, 4qm fand sich immer eine Wand als Stütze. Sehr freundlich. Dafür waren die Klositze genauso wie die integrierte Bidetspülung beheizt. Überaus freundlich.

Nicht so freundlich waren die Gemeinschaftsbäder mit festgelegten Duschzeiten, noch gewöhnungsbedürftiger war das Männergemeinschaftsbad mit dauergefüllter Großwanne (zwei Tatamis!) zur Mehrfachbenutzung und zwei Duschen, alles im gleichen Raum ohne Abtrennung. Ist wohl original-japanisch, aber das war mir dann ein bisschen zu local, sorry, war nie im Fussballverein.

Osaka ist je nach Stadtviertel etwas abgeranzter als das bisherige Japan. Angenehme Abwechslung, nachdem man ja Monate in Russland, der Mongolei und China zugebracht hat und nun plötzlich in diesem übercleanen, übergeregelten Japan klarkommen musste. Es gab günstigeres Essen, z.b. dubiose Ramen zu einem drittel des Standardpreis oder auch mal Sushi-to-go. Kochen ging diesmal unterkunftsbedingt nicht, aber um die Ecke war ein großer Supermarkt namens “Mega Don-Quijote”, mit ausladender Fertigessenabteilung (Tempura-Schnitzel auf Spaghetti mit einer Ecke Kartoffelsalat, ernsthaft!) und wir hatten ja eine Mikrowelle über dem Schuhschrank gegenüber von der Rezeption.

Jetzt aber zum Titel – wir hatten uns was vorgenommen für Osaka und zwar ein “Amazing Osaka” Ticket mit kostenlosem Eintritt zu irgendwas um die 30 Attraktionen, noch ein paar sinnlose Rabatte und All-you-can-Metro für 25€ pro Nase. Wie in Japan üblich, ist so ein Ticket auf einen sehr knappen Zeitraum, diesmal 48h begrenzt. Also los, Wecker stellen – Meter machen:

  • Zwei Riesenräder
  • Osaka Castle
  • Rundfahrt im Osaka Castle Burgteich (au weia, war die sinnlos, da gehen quasi nur Osaka Pässler hin)
  • Ein sinnfreies Indoormuseum mit japanischer Dorfarchitektur von früher und paar Miniaturstädten
  • Bootsfahrt mit Jazzband zur Mittagszeit, dafür morgens 30 min angestanden
  • Simulierte Raftingfahrt von 2 Minuten in so einem 3D Wackelkinoapparat (auch dutzende Osaka Pässler)
  • Nächtliche Aussichtsplattform
  • Nächtliche Rivercruise von 40 Minuten mit Chinesen, die den Osaka Pass vermutlich doppelt und dreifach abgefahren sind und zur Hälfte am Schlafen waren


Osaka Jazzboat! Mit Ton, irgendwo im Gif ist ein Lautsprecher zu klicken

Und haltet euch fest, inkl. U-bahnfahrten hat °anne das schön nerdig zusammengerechnet, wir haben nach Abzug der Ticketpreise rund 110€ G-E-S-P-A-R-T. Weil wir natürlich jede einzelne dieser schwachsinnigen Attraktionen mitgemacht hätten. Ich sag nur Jazzbootrundfahrt und Burgteichcruisen. Wobei die Jazzrundfahrt grandios witzig war, allerdings kommt da nun kein Backpacker von selber drauf, dass er das überhaupt nur in Erwägung ziehen würde. Nun, Osaka war anstrengend aber hat uns ein bisschen versöhnt mit Japan. So langsam kannte man sich ja auch etwas besser aus und hatte den ersten echten Kulturschock überwunden.

2 thoughts on “#30 – Sightseeing übertreiben in Osaka

  1. Richtig gut! Die Jazzband im Teichschlamm vor allem.
    Als ich damals dort war hat mir couchsurfing (und die damit verbundenen Einladungen zum Essen) das Budget gerettet. In sofern zolle ich eurem Finanzplan höchsten Respekt.

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