21. Oktober 2017 °anne 0Comment

Endlich mal wieder ein neues Land auf der Weltreiseliste! Neue Sprache! Neues Geld! Neue Manieren! Neues Essen! Aber erst mal eine neue aufregende Einreise. In irgendeinem Blogartikel hatte °seb von der kostengünstigsten und relativ kurzen Einreise mit den meisten Verkehrsmitteln gelesen – mussten wir natürlich auch genauso machen. 

(1) Nachtzug von Ulaanbaatar in den Grenzort Zamiin-Uud (24€/2 P.) – Endlich wieder mal Zug fahren! Über Nacht! In einem Viererabteil! Mit Abschiedsaussicht auf die hübsche mongolische Landschaft und Kurvenfahrten im langen Zug und leckeren mongolischen Baozi. Für die Zugstrecke von etwa 650km brauchte der Bummelzug von 17 Uhr bis früh um 7.

(2) Im komplett verwahrlosten Taxi quer durch Bayern…über die Grenze nach Erlian jagen (10€ – dank tollem Verhandlungsgeschick von °anne recht günstig – not!). Kurz nach Verlassen des Zuges stürzen sich alle Taxifahrer auf die Reisenden “China?, China?”, jeder der den Zug verlässt, will über die Grenze. Laufen ist verboten, man muss fahren, egal wie – und die Bedeutung von egal wie sollten wir gleich kennen lernen.
Ein recht ansehnliches Fahrzeug (Wow – doch nicht so schlimm wie alle im Internet sagen, von welchen Rumpel-Jeeps reden die da) brachte uns zu einer endlos langen Schlange nicht so ansehnlicher Rumpel-Jeeps Marke nobodyknows, Stoßstange an Stoßstange (ja, bildhaft, nicht sinnbildhaft) und ohne Fahrer weit und breit. Die Autos hatten ihre besten Jahre schon mehrere Dekaden hinter sich. Wow, also doch so schlimm – Anmerkung °seb: Die feine Frau Autorin bekommt eine halbe Krise, weil das ja nie was wird, in diesen Karren, in dieser Schlange und das obwohl sie gerade extra schlecht verhandelt hatte, in so einem Fahrzeug statt einem Bus für die Hälfte zu fahren. In so einen stiegen wir mit unserem Gepäck ein und warteten nun auf die Öffnung der Grenze, immerhin – pay later, wir konnten also noch gehen. Rundherum wurden einige Jeeps mit Grenzgängern beladen und nach einer Stunde setzte sich die Schlange in Bewegung.

Hintergrund ist, dass diese Jeeps Reisende eigentlich nur als Nebenverdienst mitnehmen, im Grunde sind sie für den Transport von chinesischen Waren zurück in die Mongolei zuständig und werden abends so geparkt, dass sie zügig wieder starten können, in einer endlosen Reihe vor der Grenze eben. Unser Auto konnte sogar selbstständig fahren – keine Selbstverständlichkeit – andere wurden nur über Stoßstangen geschoben. Anhalten, weiter, anhalten, Auspuff ein- und ausatmen, weiter, einmal an der mongolischen Grenze aussteigen, Stempel und 3,50€ Grenzgebühr für was auch immer (man hole sich einen bunten Zettel gegen Gebühr und gebe ihn beim Grenzbeamten wieder ab), Gepäckkontrolle, weiter fahren und das gleiche Spiel ohne Gebühr an der chinesischen Grenze nochmal. Wir sind in China! So einfach wars. Dass unser Taxifahrer uns nicht am Busbahnhof rausgelassen hat, nunja. Alles vergeben und vergessen nach dem ersten gebratenen Fladen mit Zeug und Glutamat!

(3) Nicht verwahrlostes Taxi zum Busbahnhof (0,80€). Die Verständigung mit Einheimischen ein Kinderspiel, schließlich kann einer der Reisenden zehn Worte chinesisch.

(4) Bus von Erlian nach Ulanqab (22€/2 P.). Übrigens kam der dann doch dort vorbei wo unser Schrotttaxi uns rausgelassen hatte, allerdings hätten wir das niemals gecheckt. Ansonsten – Fünf Stunden Bus fahren halt. Unspektakulär, außer 2km lang Dinosaurierpark entlang der Autobahn…im Nirgendwo. Ohne ein Minimum an Investitionsruine am Horizont ist der Chinese nicht zufrieden. Dafür sind die Straßen unschlagbar gut, obwohl nur einen Steinwurf hinter der mongolischen Grenze.

(5) Hard seat im Zug von Ulanqab nach Datong (5€/2 P.). Nur noch zwei Stunden von unserer ersten Bett in China entfernt!

(6) Taxi in Datong vom Bahnhof zum Hostel (4€ Taxi, 18€ DZ/Nacht) in der Altstadt. Die grandiosen Verhandlungsstrategien kommen noch ein Mal zum Einsatz. Egal, es ist dunkel, wir haben Hunger und sind seit 28h unterwegs. Halbe Weltreise quasi.

Die erste chinesische Stadt hat mich direkt überzeugt, vom ganzen Land. Auch wenn die Leute in der Gegend rumrotzen, die Werbung lauter ist als jede Dezibel-Polizei erlaubt, der Morgentanz mit Lautsprechern direkt vor unserem Hostelfenster stattfindet, das Hostelbad unser Zimmer vollmüffelt, sowieso überall und ständig Leute sind, man die ganze Zeit wie ein Außerirdischer angesehen und heimlich fotografiert wird, man auf Hocktoiletten an Pipi-Duft stirbt, der Smog erschreckend ist so wie auch Eintritte in Nationalparks undundund. Aber dafür tanzen die Chinesen früh und abends gemeinsam an Straßenecken, laufen rückwärts die Straße entlang weil von wegen Gesundheit her (man geht ja den ganzen Tag vorwärts, also muss rückwärts auch mal sein), malen ihre Schriftzeichen mit Wasser auf die Fußwege, es gibt an jeder Straßenecke Essen für wenig Geld und alles ist sooo lecker, eine öffentliche Toilette ist immer in Reichweite, die Landschaft ist wunderschön (wenn man sie trotz Smog oder Chinesenmassen mal sehen kann) , günstige gute Doppelzimmer, auf pünktlich Züge ist (fast) immer Verlass, EssenEssenEssen, günstiges Bier undundund…

In Datong haben wir genau das alles entdeckt, okay ich, denn °seb als alter Halbchinese war endlich wieder in seinem heimlichen Lieblingsland angekommen! Ansonsten birgt die Stadt so ziemlich alles was jede kleine Millionenstadt von China ausmacht: eine neu aufgebaute Altstadt, umrundet von einer neu aufgebauten überdimensionierten Fake-Stadtmauer mit 60! Wachtürmen (Artikel beim Guardian), direkt dahinter das local good food für den schmalen Traveller-Taler (Bloggersphäre-Superduperhappyy-Begriff!!!11elf!), Smog und Wolkenkratzer am Horizont und einzwei mit den Bus erreichbare Nationalpark / Unesco-Weltkulturerbe krasse Dingsis (auch meist wieder aufgebaut).

Unter Chinesen ist Datong nur für Kohle und Dreck bekannt. Um das zu ändern wurden die ursprünglichen Hutongs komplett weggerissen und eine neue blinki-blinki-möchtegern-historische Altstadt wieder hingestellt. Sieht hübsch aus und hat ne Menge fake New Balance Schuhe im Angebot. Echte Kultur = chinesisches Essen haben wir in der Reststadt gefunden: Suppen, Spieße, todesleckere Baozi, Nudel in warm und kalt und scharf und lecker, Obststände, kalorienverseuchte Blätterteigteilchen… Unser Foodie-Outing kommt dann bald. Einen Spaziergang zum Sonnenuntergang auf der Mauer haben wir uns aber trotz der ganzen Fakestory nicht entgehen lassen, krass und krass groß das Ding und (Seltenheit in China!!) kostenlos!

Tags zuvor hatten wir den ersten Eintrittsschock bekommen – 16€ Eintritt pro Person für die Yungang Grotten. Auf jeden Fall sehenswert, wie Menschen vor 1500 Jahren viele viele kleine Buddhas in große Buddhas aus Stein gemeißelt haben, die wieder rum aus dem Stein des Berges gehauen wurden und noch ne Höhle drum.

Für mehr Google im Land und damit wir unseren neuen Bezahl-VPN auch gut ausnutzen können, haben wir noch eine SIM-Karte erstanden, die überall super funktionierte (20€ für 12GB von China Telecom, Gültigkeit reicht hoffentlich auch noch für’s zweite Chinavisum). Der Start im Land war mehr als geglückt und der geneigte Hörer darf sich auf weitere Herzchen-in-den-Augen-Artikel im tuktukschen Weltreiseblog freuen.

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