15. Oktober 2017 °seb 0Comment

Langsam reicht es mit Viehherden und Landschaft – dieses Land ist unerträglich apart. Aber wer schonmal drei Wochen auf diesen einen Bildschirmhintergrund von Windows XP geschaut hat, der weiß – es ist nicht zum Aushalten. Wir steuerten also geradewegs aufs Finale zu, einen recht großen Süßwassersee mit Namen Chöwsgöl Nuur.

Dieser entleert sich über Umwege in den Baikalsee und beherbergt auch den bekannten baikal-endemischen Fisch namens Omul oder ist zumindest seine gute Kinderstube (hatten wir schonmal gegessen vor 4 Wochen). Außerdem ist dieses Gebiet Heimat der Reindeer-People über die es die ein oder andere Dokumentation geben sollte. Ernsthafte Nomaden die entsprechend dem Befinden ihrer Rentierherden leben. Eigentlich wollten die Profiblogger zu den Genannten, aber da sie ja drölf Ziele in die Route gepackt hatten, man Erlaubnisscheine und Guides sowie einiges an Zeit braucht, um die Leute dann zu Pferde zu erreichen, fiel das flach.

Über Umwege und in der Konsequenz vorbei am kostenpflichtigen Einlass des Naturschutzgebiet (logisch, gesparte Tugrik sind Lapshois Tugrik) ging es auf einer final-schlechten Miststraße zum ufernahen Camp. Man kennt das ja, haben die Affen beim Straßenbau wieder mal die Asphalt- und die Kiesschicht vergessen… und eigentlich auch die Schotterschicht und die Schicht drunter, ach eigentlich hat keiner was gemacht, außer Feierabend.

Die letzte echt-mongolisch-touristische Yurte unserer Tour war relativ unspektakulär, Stromausfälle, bisschen wenig Aussicht, bisschen kalt und eigentlich auch nicht soviel zu tun, dafür dass der See so dolle angekündigt wurde. Dazu gesellte sich Regen. Immerhin, man konnte sich von den vielen Ortswechseln erholen, rumgammeln, vor Abfahrt nochmal zu Pferde durch ein wirklich hübsches Wäldchen traben, am Ufer spazieren (= Empfang suchen und am Ufer eine Stunde lange die halbe Chinabuchung erledigen, wegen Zeitnot und schrumpfender Auswahl), drölfzig Sorten Treibholz und eine absurde Anzahl von Pilzen, die sehr nach Maronen aussahen, wollten begutachtet werden. Pilze gehören offensichtlich nicht zur Volksküche. Dafür gehörten eine Anzahl Kinder und 4 Liter Wodka zu den Zeltnachbarn. Ein Garant für gute Laune, nur nicht bei uns. Lärmende Kinder an der Yurtentür am Abend, Würfelhusten in der Nacht.

Die Heimfahrt als solche gestaltete sich eigentlich unspektakulär, verhielt sich als Summe der Ereignisse aber wie ein Schaf im Wolfspelz. Erstmals wurde Airag konsumiert. Das Nationalgetränk der Mongolen. Vergorene Stutenmilch, was sonst könnte einem Volk einfallen, das von allem nix hat außer von Kälte und Tieren. Eigentlich wollten wir bei drei Buden am Wegesrand nur was zum Essen, aber Lapshoi war in Kauflaune und holte ein Literchen vom feinsten Gärgetränk und lies uns kosten. So schlimm war es allerdings nicht und eine gute Übung für den nächsten Tag. Nach einem Zwischenstop mit Übernachtung in irgendeiner viertklassigen mongolischen Stadt ohne Bedeutung kam in einer anderen drittklassigen mongolischen Stadt entlang des Weges zu einer zufälligen Einladung.

Wieder mal auf der Suche nach Essbarem, wurden wir in einer Bäckerei einer nach dem anderen vom Familienoberhaupt zu einem Tisch geschleift auf dem sich ein absurd großer Partykuchen breit machte. Der bestand aus geschätzt 20 Kilo mongolischem Gebäck und darauf verteilt waren tütenweise rosa-weiße Minzschokobonbons von Gut&Günstig. Zur Begrüßung bekam eine gut gefüllte Tasse Airag, um damit ausgiebig anzustoßen. Als nächstes hatte man ein Stück vorgekochtes Schaffleisch aus einer Schüssel mit einem dutzend riesiger Brocken zu nehmen und sich mit dem bereitliegenden Messer ein paar Scheiben abzuschneiden. Hernach wurden reihum Fotos gemacht, noch ein Whiskey auf die Gesundheit getrunken, war ja immerhin schon 13 Uhr. Es folgte konsequenter Nachschlag an vergorener Stutenmilch und ein Schinken-Käse-Crossaint. IIIIEEEEH – ein Croissant!

Von vorne nach hinten: Obst, Schafsfleisch, Geburtstagskuchen (Das Ding mit dem Kinderkopf)

Der geneigte Hörer wird sich nun nach dem Anlass dieser Verköstigung fragen – Genau, ein völlig eskalierter Kindergeburtstag in Personalunion mit der mongolischen Gastfreundlichkeit – was sonst. Die zwei Brüder des Hauses konnten allerdings ein sehr gutes Englisch, so dass man sich nicht gar zu sehr wie ein Einbrecher fühlen musste, der vom lustigen Glücks-Opi zur Party geschleppt wurde. Nach einer halben Stunde durften wir gehen – “You are free” wurde mit Lachen angemerkt. Gut angetrunken gelaunt wurden die letzten Kilometer nach Ulanbaataar zurückgelegt. Wir verabschiedeten uns von Lapshoi, wünschten dem Auto alles Gute und checkten in unser sehr annehmbares Hostel (44€/2N)ein.

Was für eine Tour! Was für ein Ende! Und was für ein guter 2€-Haarschnitt mit dem der Verwahrlosung der letzten Wochen Einhalt geboten wurde. Außerdem wurde Ulanbaataar abgerundet mit einer kleinen Shoppingtour und einem Besuch im IMAX, absurd großes Kino, absurd laut, recht günstig – Mit Herzchenpopcorn und Daddelmaschinen bis zum Filmbeginn! Nett auch das Hostelfrühstück in der Garagen-Yurte (eine Yurte in einer Garage, Ja!).

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